Donnerstag, 3. September 2015

Donnerstag,

03. September 2015


Viertel nach sechs Uhr morgens, Frankfurter Flughafen, Deutschland, 29. August 2015. Zwei erschöpfte Mädchen steigen nach einer 26 stündigen Reise aus dem Flugzeug und begeben sich mit ihren prall gefüllten Rucksäcken an die Gebäckausgabe. Hibbelig und müde stehen sie dort, und immer wieder schweifen ihre Blicke Richtung Exit. Sie haben lange auf den folgenden Moment gewartet, jetzt fallen ihnen die letzten Minuten Geduld unendlich schwer.
Doch dann! Es ist soweit. Mit Herzklopfen begeben sie sich zum Ausgang, schauen sich vorsichtig um und … 

Ich musste mich nicht nur von den
Menschen verabschieden ... <3
Willkommen zum letzten Blogeintrag über meinen einjährigen Freiwilligendienst in der Transkei von Südafrika. Ich werde wahrscheinlich noch ein Video drehen, in dem ich über das Jahr rede, aber hier wird es keine Berichte mehr geben. Ich hoffe, euch haben meine manchmal sehr unregelmäßigen Erzählungen samt Fotos gefallen! Zum Abschluss kommt noch einmal eine geballte Ladung an Worten und Bildern.

 
Backen mit einer Freundin - endlich!
Zurückzukehren war definitv eine der komischsten Erfahrungen, die ich je durchlebt habe. Der Kulturschock war wie erwartet viel krasser als bei der Ankunft in Südafrika. Ich bin ins Treppenhaus gekommen und musste erst einmal die Wände abtasten, weil sie so weiß und unversehrt waren. Ich konnte nicht glauben, dass während meiner Abwesenheit nicht renoviert worden ist, weil mein Auge einfach an deart viel Hygiene und Neuhheit nicht mehr gewöhnt gewesen ist - genau dasselbe gilt für die Kleidung der Menschen; alles ist so sauber und überhaupt nicht kaputt!
Nom nom nom!
Ich glaube, dass der irrste Moment beim Betreten der Wohnung stattfand. Alles hat mich überwältigt. Ich hatte vergessen, wie es dort riecht und Millionen andere Details, die plötzlich auf mich einstürmten. Die Decke war so weit weg, ich habe mich ganz klein gefühlt, und dann konnte ich einfach meine elektronischen Geräte anschließen und ins Internet gehen! Einfach so! Ich vergesse noch immer, dass ich Licht anmachen, mal eben einkaufen gehen oder die Spülmaschine benutzen kann, sage unzählige englische Wörter zwischendurch, ohne es zu bemerken, bin total ausgerastet, als ich die ganze Kleidung in meinem Schrank, meine tausend anderen Besitztümer (ich habe so viel!) und das ganze Essen im (funktionierenden) Kühlschrank gesehen habe ... 
In Köln ist es viel heißer als in Tshani!
Mein Kopf schwirrt durchgehend, und es gibt immer noch Momente, in denen ich verwirrt innehalten muss. Gleichzeitig fühlt es sich hin und wieder so an, als wäre ich niemals weg gewesen und das Jahr in Südafrika nur ein langer, brillianter, schöner Traum. Und dann kommt es mir auf einmal die Wiederkehr wie ein Traum vor und ich kann mir beinahe einbilden, gleich in meiner Hütte aufzuwachen. Ich kann mich echt nicht entscheiden, was unrealer wirkt. 

Als ich nach Hause kam ...
Zum Abschied haben Pia und ich den Kindern in der Preschool Nudeln mit Tomatensoße gekocht, aber das haben sie am Ende dann doch nicht gemocht. Leider wurde fast alles weggeschmissen, dieser Anblick tat einem in der Seele weh … Wenigstens haben sie die Orangen alle gegessen!
Dann hat Pia zusammen mit Mapru den Sportsday organisiert und ich habe ein bisschen mitgeholfen, indem ich Schiedsrichterin und Fotografin war. Es war wirklich schön, so viele Kinder auf einem Haufen zu sehen und zu beobachten, wie sehr sie in den Spielen aufgingen. Und die waren vielleicht schnell! Ich konnte die Spiele kaum verfolgen, so fix haben sie die Bälle hin und her geworfen.
 
Ich und Imenathi *_*
Am Ende haben wir dann die am Morgen geschmierten Sandwichs verteilt und zahllose Pappbecher mit einem süßlichen Getränk. Der Andrang war groß und das Chaos perfekt. Aber irgendwie haben wir es doch hinbekommen, und dann war auch schon die Preisverleihung. Es war ein sehr anstrengender, aber schöner Tag, an dem ich bereits nostalgisch geworden bin, weil ich wusste, dass ich nicht bleiben kann.  
Leider musste die Afterschool bis auf Weiteres geschlossen werden, weil Transcape nicht genug Spenden für diesen Bereich zur Verfügung hat im Moment. Außerdem hat eine tolle Afterschool-Lehrerin einen anderen Job gefunden und Transcape dafür verlassen. 

Ich und Bonono <3
Im August hatte Pia Geburtstag – da gab es ein leckeres Abendessen. Am Internationalen Frauentag sind ein paar Freunde und ich nach Coffee Bay gefahren und haben im Ocean View Mittag gegessen, einem luxuriösen Hotel. Dann, am Samstag bevor wir geflogen sind, sind wir nach Lwandile gewandert und hatten dann abends die Abschiedsfeier in Mdumbi. Ich glaube, ich habe das alles noch nicht realisieren können, erst, als der Abreisetag sehr nahe rückte, wurde mir schlecht vor Aufregung und Traurigkeit. Es ist mir überhaupt nicht leichtgefallen, alles einzupacken und mich von vielen Dingen zu lösen, weil das Gepäck sonst zu schwer gewesen wäre. Natürlich habe ich mich auf zuhause gefreut und ich weiß, dass es wichtig und richtig ist, dass ich nun hier bin, aber meine Gefühle protestieren trotzdem. Ich habe mich sehr zerrissen gefühlt, als ich ging – ich glaube, so zerrissen habe ich mich tatsächlich noch nie in meinem ganzen Leben gefühlt. Weil ich nun zwei Orte habe, die ich Zuhause nennen kann, und egal wo ich bin, ich werde immer den anderen Ort vermissen. 

Was wird mir in Erinnerung bleiben?
 
Pia und ich mit den Vukani Kids:
Bonono, Imenathi, Sinoxolo!
An erster Stelle stehen die Menschen, die mich so geprägt haben letztes Jahr und die ich sehr liebgewonnen habe. Sie unterscheiden sich in vielen Dingen von den Menschen in Deutschland – das hat mich manchmal herausgefordert, aber meistens hat es mich sehr glücklich gemacht. Dann werde ich mich natürlich immer an diese atemberaubende Landschaft, die Tiere und überhaupt die ganze Umgebung erinnern. An die sanften Hügel, auf denen grüne Wälder wachsen und bunte Hütten stehen, an die niedlichen Gärten der Menschen und die Wäsche, die über Zäune und Sträucher hängt, an die Kühe, die kauend auf der Schotterstraße stehen und sich nicht um herannahende Autos kümmern, an die Hunde, die nachts bellend durchdrehen, an die kleinen Schweinchen, die hinter der Mutter hertrotten, an die Welpen und Kätzchen in Vukani, an die Pferde und Esel, an die Schafe und
Ongesiwe und ihre Tochter Lisanele sehen
das erste Mal in ihrem Leben Seifenblasen.
Ziegen, an die unzähligen Insekten, an die laut quakenden Frösche unter meinem Bett, an die Vögel, die sich ins Education Center verirrt haben und die ich dann einfangen und herausbringen musste, an die Delfine und Wale und Haigeschichten, an den langsam fließenden Fluss, den man mal überqueren kann und mal nicht, an das Meer, das sich zu jeder Tageszeit in einen anderen Anblick verwandelt und dessen weiße Wellen beim Sonnenaufgang so weich wie Wolken aussehen, an den roten Mondaufgang, an die hohen Gräser, in die ich mich manchmal gelegt habe, nur um in den blauen Himmel zu sehen, an die Spaziergänge und Wanderungen über lange Strände, steile Hügel und scharfe Felsen, an den Hängestuhl in Mdumbi, über dem ein Solarlicht in einem Glasbehälter hängt, an die Hunde von Mdumbi – Ecco, Bjula, Garp – und all die anderen Hunde des Dorfes, an den Tower, von dem man den Sonnenuntergang aus
Mia ist groß geworden ....
beobachten konnte, an meine Hütte, in der ich abends oft lag und an die holzige/grasige Decke starrte, an den Kerzen- und Streichholzverschleiß, weil es keinen Strom gab, an die eisigen Duschen, an das Wäschewaschen und Aufhängen, was gar nicht so schlimm, sondern irgendwie sehr entspannend war, an die beeindruckenden Gewitter, die so viel lauter und heller sind als in Köln, an die lauten Stimmen meiner Nachbarn, an die leckeren Rusks mit Kaffee oder Tee, an das überfüllte Ngcwanguba und die Freude, wenn man wieder Essen zuhause hat, an die Frauen, die Holz und Eimer mit einer unendlichen Eleganz auf ihren Köpfen balancieren, an die brechend vollbepackte Preschool mit den bezaubernden und frechen und cleveren Kindern, an die Arbeit in Trancape und die ewigen Meetings, an die langen, kritischen Diskussionen über Entwicklungsarbeit, an die kleinen Reisen und Urlaube, die ich zwischendurch gemacht habe, an die grässliche Transportsituation, an die offenen und freundlichen Gesichter der Menschen, an den Pension Market einmal im Monat, auf dem ich glaube ich nur drei Mal
In verlassenen Gebäuden am Tshani-Point.
während des ganzen Jahres war, an die selbstgebastelten Spielzeuge der Kinder aus Milchtüten, Drähten, Plastiküberbleibseln und Pappe, an die heftigen Krankheiten, die mich zwischendurch überfallen haben, an den Weg zur Arbeit, auf dem ich oft die Preschoolkinder getroffen habe, die sich hin und wieder gegenseitig mit Kuhscheiße beworfen haben und mir dann freudestrahlend die Hände entgegenstreckten, an die ruhigen Stunden in meiner Hütte oder auf dem Gras sitzend, einfach nur die Abwesenheit des hektischen westlichen Lebens genießend, an das Baden im Indischen Ozean, an das Auftanken der warmen Sonne, an die kalten Abende, an denen ich mich in mehrere Schichten Kleidung einwickeln musste, an den merkwürdig funktionierenden Drucker, dem man immer wieder mal gut zureden musste, an das langsame Internet, dem man ebenfalls gut zureden musste, wenn man zeitig seine Mails öffnen wollte, und an
so vieles mehr. Ich denke, diese Liste könnte noch viel länger werden, wenn ich nur intensiv darüber nachdenke.  

Meine Hütte aus dem Standpunkt der
Familienküche aus.
Ich muss jetzt Abschied nehmen. Natürlich werde ich wiederkommen, aber so, wie mein Leben das ganze letzte Jahr über gewesen ist, wird es nie mehr sein. Und genau davon muss ich mich verabschieden. Das bedeutet viele Tränen und großes Vermissen, aber auch Dankbarkeit. Ich bin so dankbar, die Möglichkeit gehabt zu haben, dieses Jahr zu machen. Es hat mich sehr verändert – meine Persönlichkeit, meine Sicht auf die Welt, mein Verhalten. Nicht jeder hat so ein großes Glück und ist in der Lage, das erleben zu können, was ich erleben durfte. Es braucht ein bisschen Mut und Anpassungsfähigkeit, und am Ende kommt man so viel stärker daraus hervor, als man vorher war. Für mich war dieses Jahr auf jeden Fall eines: Lernen. Ich habe noch längst nicht ausgelernt und der gewisse Durst, mit dem ich in das Jahr gestartet habe, ist nicht annähernd gestillt. Denn das hier war ein Anfang. Ein Anfang von einer richtig guten Geschichte. Und ich bin schon so gespannt, wie sie weitergeht.

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[songs of the day: 'let it all go' by birdy
'while my guitar gently weeps' by the beatles
'street spirit (fade out)' by radiohead
'love is all' by the tallest man on earth
'jolie coquine' by caravan palacel
'fire is low' by freshly ground
'shake it out' by florence and the machine
'jenny do not be hasty' by paolo nutini
'who wants to live forever' by queen
'home' by edward sharpe und the magnetic zeros

'arrival of the birds' by cinematic orchestra
'susan' by the soil
'vul'lndelela' by brenda fassie
'yolele' by papa wemba
'emabhaceni' by miriam makeba]
SPORTSDAY
Aufgesprayte Spiellinien

Ecco bewacht das Spiel ...



Ncumani! (Lächelt!) - Hat nicht bei allen geklappt. :D

Nach und nach kommen die Kinder an.



Was wird wohl gespielt?

Es war ein rieiges Völkerballmatch.

Und diese Kinder sind nur gelangweilt. ^^


Morgens haben wir Tonnen an Sandwichs geschmiert. Oh,
und Orangen und Bonbons gab's auch.
Den Saft mussten wir im Voraus einschenken (bei ~ 200 Kindern) xD

 SPECIAL ATTENTION


Anothando mit ihrer Matte!

Alle drei warten geduldig vor der Kirche. Ich habe mir immer
wieder mal andere Kinder in dieser Altersklasse geschnappt,
aber mit am häufigsten waren es: Mbasa, Anothando und Atilius.


Ein wildes Jule inmitten von Puzzlen!!!!! :D

Ich habe mit ihnen auch gemalt, geknetet, gebaut und sonstige
handwerkliche/geistesanregende Dinge gemacht.

Story-Time! Das Buch heißt "Ndiyamthanda umama wam", was
so etwas heißt wie "Ich liebe meine Mama". Bei dieser
Geschichte sind sie immer ganz kuschelig geworden. <3

NCUMANI!!!!!! <3
Ich werde sie alle sehr vermissen ...

 VERLASSENE GEBÄUDE





TAGESROUTINE
Hier einmal ein paar bildreiche Eindrücke von meiner Tagesroutine.

BÄM! Bett gemacht. So war das jeden Tag. *hust*

Dass ich hier Yoghurt dabei habe, ist eher Ausnahme als die
Regel. Normalerweise habe ich Früchte mit Oats/Müsli und
haltbarer Milch zum Frühstück gegessen.

Rusks mit Kaffee!!! *_*

Ausblick aus der Küche.

Vukani Gate.

Kühe, die auf der Straße chillen.

Auf dem Weg zur Arbeit bin ich immer am Ziyaduma Restaurant

Und am "Roots Reggae Café" vorbeigelaufen.

Der berüchtigte ePap.

Erst Wasser,

dann ePap

den man schön umrührt

bis er cremig und ohne Stückchen in der Schale ist.

Dann werden schön die Schälchen gezählt! Meist um die 40.

Neben der Preschool habe ich auch im Education Center gearbeitet,
um verschiedene Dinge zu erledigen (zum Beispiel wie hier die
Themenboxen)
Der Computer kann da natürlich auch nicht fehlen. Leider habe
ich ab da keine Fotos mehr gemacht. Aber dann gab's die Special
Attention, danach wieder Office Arbeit, danach Essen zuhause und
danach womöglich einen netten Abend in Mdumbi.

SAYING GOODBYE
(or: shameless selfies :D)
unfortunately I couldn't take photos with everyone :(



Maddy (arbeitet im Backpacker) und Venitia (arbeitet in Zithulele)!

Sasja (Ärztin in Canzibe)

Zinthathu (arbeitet bei Transcape)!

Kholiswa (wohnt und arbeitet in Canzibe)!

Ongesiwe (l) und Khaniswa (r) von Vukani!

Patheka!

Lusanda! (Wir haben drei Versuche für ein Foto gestartet ...)

Zikhona (arbeitet im Backpacker)! <333

Sibongile (arbeitet im Backpacker)!
Ich und Pia, meine Mitfreiwillige!
 
SONSTIGES


Ich werde sehr vermissen, dass nachts einfach mal ein Feld
brennt ...

Der Hängestuhl von Mdumbi! Ich freu mich schon darauf,
mich wieder hineinzusetzen.

BYE AND THANK YOU
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